Wildnis(T)räume und Sternenpark

Eine Fahrradexkursion von Heimbach nach Vogelsang IP

von Tanja Malchow


Radtour Exkursion ADFC Astonomiewerkstatt Sterne ohne Grenzen Nationalpark Eifel Heimbach Vogelsang IP Wildnis Ausstellung Wolf Lichtverschmutzung Fahrrad Stadt Land Fluss LVR Biostation Biodiversität NABU Düren
Blick über den Urftsee nach Vogelsang (Foto: Tanja Malchow)

Am 16./17. September 2023 hat der NABU Düren eine Fahrradexkursion ausgerichtet, die von Heimbach nach Vogelsang IP führte. Die Exkursion fand im Rahmen des vielfältigen, sich über drei Wochen erstreckenden Veranstaltungsprogrammes „Stadt Land Fluss“ statt, welches die Kulturlandschaft der Eifel präsentiert. Vom 16. September bis zum 8. Oktober kann die Region im Rahmen von über 100 Veranstaltungen erlebt werden. Diese werden vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) zusammen mit der Biologischen Station Düren, der Biologischen Station Euskirchen, der Biologischen Station StädteRegion Aachen sowie dem Naturpark Nordeifel und zahlreichen weiteren regionalen Partner*innen durchgeführt. Das Gesamtprogramm hat inklusiven Charakter und bietet Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Familien und Menschen mit und ohne Behinderung viele Angebote zum Mitmachen.

Die Radtour am 16./17. September wurde vom NABU Düren organisiert. Kooperationspartner waren der Nationalpark Eifel, der Allgemeine Deutscher Fahrrad Club (ADFC) Aachen/Düren e.V. sowie die Astronomie-Werkstatt "Sterne ohne Grenzen".

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Jugendstilkraftwerk Heimbach (Foto: Horst Malchow)

Die Radfahrer trafen sich am Samstag am Bahnhof Heimbach und wurden dort von Nationalpark-Ranger Nicolai Johannes in Empfang genommen. Herr Johannes führte uns auf einer Route entlang der Rur, vorbei am Jugendstilkraftwerk Heimbach, und dann weiter am Ufer von Rur- und Urftsee bis zur Victor-Neels-Brücke. Dabei hatte er allerhand Interessantes über den Nationalpark und dessen Wälder zu berichten. Natürlich ging es auch um die Auswirkungen des Borkenkäfers, dessen Befall die Fichtenwälder nicht nur in der Eifel zum Opfer gefallen sind. Unser Ranger wies darauf hin, dass nicht der Borkenkäfer allein der Schuldige für die Misere sei, sondern die Trockenheit in unseren Wäldern, die die Bäume weniger widerstandsfähig macht. Dass die Trockenheit Folge des Klimawandels ist, bestätigen uns Wissenschaftler inzwischen fast täglich.

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Victor-Neels-Brücke (Foto: Karl-Peter Ströbele)

An der Victor-Neels-Brücke überquerten wir die Urft und nahmen den wirklich steilen Anstieg (16 %!) nach Vogelsang. Die meisten der Teilnehmer*innen, die ein Biobike - also ein unmotorisiertes Fahrrad hatten - zogen es vor zu schieben, was viel Gelegenheit gab, den letzten Streckenabschnitt noch einmal in Ruhe wahrzunehmen. Die Brücke ist übrigens nach Victor Neels benannt, der 1970 – 1980 Kommandant der belgischen Streitkräfte im Camp Vogelsang war.  

Oben angekommen waren wir trotz der Streckenlänge von nur 23 km aufgrund der insgesamt vier Steigungen, die unterwegs zu bewältigen waren, angenehm erschöpft. Einige Teilnehmer hatten trotzdem noch die Energie, ein paar Runden im Schwimmbad in Vogelsang zu drehen, andere haben sich zu Kaffee und Kuchen in das Panoramarestaurant aufgemacht, das seinem Namen alle Ehre macht.

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Ausstellung "Wildnis(T)räume" (Foto: Tanja Malchow)

Um 16.00 Uhr erwartete uns Ranger Nicolai Johannes im Foyer des Besucherzentrums im Forum Vogelsang IP, um uns durch die Erlebnisausstellung „Wildnis(t)räume" zu führen. Die Nationalpark-Philosophie „Natur Natur sein lassen" war dabei seine Kernbotschaft. Wir erfuhren interessante Details dazu, warum "wilde Wälder" so wichtig sind. So ist z.B. jede dritte Art der insgesamt 11.000 in einem naturnahen Buchenwald lebenden Arten von alten Bäumen oder Totholz abhängig. Daraus ist abzuleiten, welcher Biodiversitätsverlust in Wirtschaftswäldern stattfindet.

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Abgestorbener Fichtenwald (Foto: Tanja Malchow)

Vorherrschend sind in der Regel ausgeräumte Wälder und Monokulturen von Nadelgehölzen. Um deren ökologisches Gleichgewicht ist es nicht zum Besten bestellt.  Der Umbau eintöniger Plantagenwälder oder entstandener Kalamitätsflächen in strukturreiche Laubmischwälder ist aus Sicht des NABU eine Aufgabe für staatliche wie private Waldbesitzende. Entsprechend müssen auch Fördermaßnahmen dem Ziel der Herstellung stabiler, biodiverser Laubmischwälder folgen. Nur, wenn der Wald sich arten- und strukturreich entwickeln kann, und seine Böden, sein Innenklima und sein Wasserhaushalt geschützt werden, können künftige Risiken minimiert werden und dadurch am Ende wir alle gewinnen.

Zum Grundsatzprogramm "Wald" des NABU

Auch der Wolf war Thema in der Ausstellung und Herr Johannes erörterte sehr sachlich die wichtige Rolle, die der große Beutegreifer im Ökosystem spielt. Beute und Beutegreifer haben sich abhängig voneinander in der Evolution entwickelt. Durch die Ausrottung des Wolfes entstand eine Lücke, die eingespielte Wechselbeziehungen innerhalb des Ökosystems beeinträchtigt hat. Kehrt der Wolf nun zurück, wird diese Beziehung wiederhergestellt. Nicht nur, weil der Wolf auch als „Gesundheitspolizei“ des Waldes fungiert, indem er häufig auch kranke und schwache Tiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere „gesund“ hält, sondern auch, weil er die  übermäßige Entwicklung von Populationen auf natürliche Weise hemmen kann, weil seine Anwesenheit und Jagd bei den Beutetieren Stress erzeugt.

Zum Thema Wolf beim NABU

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Blick auf den Urftsee (Foto: Thomas Dickmeis)

Unsere Unterkunft in Vogelsang war das Gästehaus K13, das uns um 18.30 Uhr mit einem leckeren Abendessen erwartet hat. Dazu gab es gute Gespräche, in denen wir auch den Tag noch einmal haben Revue passieren lassen. 

 

Die Zeit nach dem Abendessen haben einige Teilnehmer*innen für einen Spaziergang in der Dunkelheit des Sternenparks Eifel, andere für eine kleine Ruhepause genutzt, denn unser Programm für den Tag war noch nicht zu Ende. Geplant war eine Sternenwanderung mit der Astronomie-Werkstatt "Sterne ohne Grenzen", die aufgrund der aufgekommenen Bewölkung und leichter Regenschauer zwar in Form eines Indoor-Vortrages stattfinden musste, der aber - wie sich herausstellte - nicht minder interessant war. Harald Bardenhagen erläuterte uns sachkundig und mit viel Begeisterung die Dimensionen des Weltalls und den Wert der Dunkelheit für Mensch und Artenvielfalt.

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Die Milchstraße über der Sternwarte (Foto: H. Bardenhagen)

Herr Bardenhagen wies darauf hin, dass viele Menschen die Milchstraße noch nie mit eigenen Augen gesehen haben, weil die Nacht immer mehr zum Tag gemacht wird. Aufgrund der Bewölkung konnten wir die Milchstraße zwar auch nicht am Himmel sehen, im Verlauf des Vortrages von Herrn Bardenhagen konnten wir aber viele wunderschöne Bilder und Videos von Milchstraße und dem Sternenhimmel über der Eifel bewundern.

Herr Bardenhagen erklärte uns, dass  viele Tiere und Pflanzen einen nächtlichen Lebensraum haben und Dunkelheit benötigen, um überleben zu können. Die menschengemachte künstliche Beleuchtung hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Lebensräume dieser Arten - ein Beispiel ist die dramatische Dezimierung von Insekten durch die Anlockwirkung der nächtlichen Außenbeleuchtung. Herr Bardenhagen warf die Frage auf, was es bedeute, wenn wir in Zukunft womöglich feststellen müssen, dass viele Naturschutzbemühungen unzureichend waren, weil wir die nächtliche Umwelt außer Acht gelassen haben?

Nachdem wir gegen 1.30 Uhr in der Nacht müde in unseren Betten lagen, erwarteten uns am nächsten Morgen ein toller Blick ins Urfttal ...

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Foto: Karl-Peter Ströbele

... und ein leckeres Frühstück im Gästehaus. Danach machen wir uns gemeinsam frisch gestärkt auf den Rückweg zum Bahnhof nach Heimbach. 

Worüber ich mich übrigens besonders gefreut habe, ist, dass unter den Teilnehmer*innen auch vier gehörlose Menschen waren. Deshalb haben uns während der gesamten Tour zwei Gebärdendolmetscherinnen begleiten, was nicht zuletzt dem Landschaftsverband Rheinland zu verdanken ist, der sich sehr darum bemüht, Menschen mit und ohne Behinderung viele Angebote zum Mitmachen anzubieten.

Eine kleine Herausforderung war in diesem Fall die Sichtbarmachung der Gebärdendolmetscherinnen während der Sternenwanderung. Denn um Sterne zu betrachten, ist größtmögliche Dunkelheit von Bedeutung, was dann aber dazu führt, dass die Gebärdendolmetscherinnen nicht sichtbar sind. Ein Kompromiss ist eine Beleuchtung mit Rotlicht, das weniger störend bei der Betrachtung des Nachthimmels ist, aber eine Wahrnehmung der Gebärden ermöglicht. Diese Art der Beleuchtung wurde auch während des Vortrages von Herrn Bardenhagen eingesetzt und es hat gut funktioniert.