Die bei uns heimische Kuckucksart (Cuculus canorus) gehörte mit dem typischen Ruf vor einigen Jahren noch ganz selbstverständlich ins Frühjahrskonzert der Singvögel. Mittlerweile ist der Kuckuck eher selten zu hören. Als Insektenfresser spürt er das zurückgehende Nahrungsangebot ebenso wie viele andere Vogelarten. Die Ursachen, wie immer weiter intensivierte Landwirtschaft, Flächenversiegelung, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aber auch der Klimawandel, sind hinlänglich bekannt.
Der Kuckuck ist nicht in der Lage, ein eigenes Nest zu bauen und selbst zu brüten. Er ist auf insektenfressende Wirtsvögel angewiesen. In deren Nester legt das Kuckucksweibchen jeweils ein Ei, insgesamt ca 12 bis 25 Eier. Die Eier müssen farblich nahezu identisch mit denen der Wirtsvögel sein, da sie sonst aussortiert werden. Die Eifarbe ist genetisch festgelegt und liegt auf einem weiblichen Geschlechtschromosom. Das hat zur Folge, dass die Weibchen immer die Nester der Vogelart aufsuchen, die sie großgezogen hat. Die Eier müssen zu Brutbeginn bei diesen Vögeln ins Nest gelegt werden, damit das Kuckucksküken rechtzeitig ca 2 Tage vor den eigenen Küken der anderen Art schlüpft und diese dann direkt aus dem Nest befördern kann. So wird das Kuckuckskind alleine großgezogen. Diese Küken können sogar mehrstimmig betteln, damit die „Eltern“ glauben, es wären mehrere Küken und genug Futter bringen.
Bei dem richtigen Zeitpunkt für die Eiablage liegt nun das zweite Handicap für den Kuckuck. Er ist ein Zugvogel und verbringt den Winter südlich der Sahara in einem Gebiet, dass aus Regenwald und feuchter Savanne besteht. Britische Ornithologen haben zwischen 2011 und 2022 fast 100 männliche Kuckucke besendert. Die Auswertung dieser Daten hat ergeben, dass für den Hinflug ins Winterquartier ein Teil eine östliche Route über Italien und die östliche Sahara und der andere Teil eine westliche Route über Frankreich und Spanien nutzt. Vor dem Rückflug sammeln sie sich im südlichen Westafrika, wo durch die sich von Süden nach Norden ausbreitende Regenzeit und die damit wachsenden Pflanzen reichlich Nahrung zur Verfügung steht, um sich ein Fettpolster für die Überquerung der Sahara anzufressen. Auch der LBV (Landesbund für Vogel-und Naturschutz in Bayern) hat solche Ergebnisse durch die Ausstattung mit Sendern bekommen.
Der Zeitpunkt für den Rückflug ist beim Kuckuck nicht, wie z.B. bei Schwalben und Mauerseglern, jedes Jahr annähernd gleich, sondern variiert von Jahr zu Jahr. Er scheint von äußeren Faktoren abhängig zu sein. Der optimale Zeitkorridor für den Rückflug ist wohl auch relativ schmal, da die ganze Population annähernd gleichzeitig den Rückflug aus Westafrika antritt. Zwischen Mitte und Ende April trifft der Kuckuck wieder bei uns ein.
Durch den Klimawandel beginnt mittlerweile der Frühling hier fast 14 Tage früher. Standvögel und Vögel, die innerhalb Europas ziehen, haben sich dem angepasst und beginnen auch früher mit dem Nestbau. Das hat zur Folge, dass der Kuckuck für diese Vogelarten zu spät hier ankommt. Deren Küken sind dann oft schon geschlüpft oder kurz davor. So hat der Kuckuck keine Chance, dort noch ein Ei erfolgreich einzuschmuggeln. Die Kuckucke, deren Eifarbe genetisch auf diese Vogelarten determiniert ist, haben also Schwierigkeiten, sich zahlreich fortzupflanzen. Es bleiben für ihn vermehrt die Arten, die ebenfalls Langstreckenzieher sind und entsprechend später zurückkommen. Anscheinend können sich Zugvögel, die südlich der Sahara überwintern, nicht an den früheren Beginn der Vegetationszeit bei uns anpassen, weil der Klimawandel bzw. die Verlängerung der Vegetationszeit dort nicht so deutlich oder kaum vorhanden ist. Für den Kuckuck ist das ein größeres Problem als für andere Zugvögel, weil es bei ihm schon direkt die Möglichkeit zur Eiablage betrifft.
Ein weiterer Grund, weshalb der Kuckuck immer seltener wird, sind mit einiger Sicherheit auch Netze, die in Südeuropa und besonders in Nordafrika zum Vogelfang aufgestellt werden. Jedes Jahr verenden dort Millionen von Singvögeln, sicherlich auch einige Kuckucksvögel. So ist eine stabile Kuckuckspopulation durch verschiedene Faktoren gefährdet. Wir können dem Kuckuck nicht beibringen, früher aus dem Winterquartier zurück zu kommen, aber wir können die Anstrengungen gegen Klimawandel und Insektensterben intensiv vorantreiben und auf ein Überwachen und Einhalten des Verbotes des Singvogelfangs dringen.