Neozoen - tierische Einwanderer

Wir stellen einige der im Kreis Düren vorkommenden Arten vor


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Asiatische Marienkäfer auf Hosenbein (Foto: NABU/Helge May)

Als Neozoen bezeichnet man Tierarten, die absichtlich oder unabsichtlich durch den Menschen in andere Gebiete verbracht worden sind und sich dort fest etabliert haben. Die Problematik mit Neozoen, den tierischen Invasoren, ist ähnlich der mit Neophyten – auch wenn die Tierwelt ungleich mobiler ist. Viele Tiere entziehen sich zudem durch ihre heimliche und nachtaktive Lebensweise unserer Beobachtung. Einige der im Kreis Düren vorkommenden Neozoen möchten wir Ihnen vorstellen.


Der Asiatische Harlekin-Marienkäfer (Harmonia axyridis)

Der Asiatische Marienkäfer wurde aufgrund seines großen Blattlaus-Appetits seit den 1980er Jahren im großen Stil zur biologischen Schädlingsbekämpfung in Gewächshäusern eingesetzt. 1988 tauchten dann erste Tiere in den USA im Freiland auf. Zur Jahrtausendwende kamen die Tiere auch in Europa, vor allem in Belgien, den Niederlanden und Deutschland vor. Auch im Kreis Düren ist der kleine Käfer nun heimisch.

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Asiatischer Marienkäfer, Larve und Puppe (Foto: NABU/Helge May)

In Deutschland wurde der Asiatische Marienkäfer seit 2002 in Deutschland gesichtet. Bei uns leben 80 Marienkäfer-Arten. Der Asiatische Marienkäfer ist dabei sehr wandelbar in seinem Aussehen, wie das Bild oben sehr schön zeigt. Die Färbung reicht von orange ohne Flecken bis zu schwarz mit roten Flecken. Seine Deckflügel sind hellgelb bis dunkelrot. Meist hat er 19 schwarze Flecken. Den Namen Harlekin-Marienkäfer hat er übrigens aufgrund seiner Farbenvielfalt bekommen. An einem besonderen Merkmal kann man den Asiatischen Marienkäfer aber erkennen: das Halsschild ist hell-gelblich gefärbt und zeigt die charakteristische Zeichnung in Form eines schwarzen „M“ bzw. „W“.  

Der Asiatische Marienkäfer kommt überall dort vor, wo er seine Leibspeise Blattläuse findet. Während unser heimischer Siebenpunkt rund 50 Blattläuse am Tag verzehrt, schafft Harmonia locker das Fünffache. Egal ob Garten, Park oder Wiese er vermehrt sich im Gegensatz zum deutschen Marienkäfer in bis zu drei Generationen pro Jahr. Das erklärt auch seine schnelle und enorme Ausbreitung in Europa und Deutschland. Er wird fast nie krank. Im Körper dieses Marienkäfers fanden Wissenschaftler 50 verschiedene Peptide (kleine Proteine) zur Infektionsabwehr.

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Asiatischer Marienkäfer (Foto: NABU/Helge May)

In den USA ist Harmonia axyridis inzwischen vielerorts der häufigste Marienkäfer. Die Bestände alteingesessener Arten gingen teils drastisch zurück. In Deutschland zeigten nicht zuletzt Kartierungsaufrufe des NABU in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein schon vor Jahren eine ebenfalls fast flächendeckende Verbreitung. Auch bei uns ist Harmonia nun vielerorts häufiger als alle heimischen Marienkäfer-Arten. Welchen Einfluss das Auftreten des Asiatischen Marienkäfers auf die heimische Fauna und Flora hat, ob er also als invasiv zu betrachten ist, ist noch unklar.


Der Waschbär (Procyon lotor)

Als Pelzlieferant wurde der Waschbär in den 1920/30er Jahren aus Nordamerika zu uns gebracht und fristete sein Dasein in den Folgejahren hauptsächlich in Pelzfarmen. Im Jahr 1934 setzte man aus jagdlichen Gründen am hessischen Edersee zwei Paare aus. Gut zehn Jahre später schafften es weitere Individuen, aus einer Pelztierfarm im Kreis Strausberg (östlich von Berlin) zu entkommen. Rückblickend steht fest, dass beide Populationen den Grundstock des heutigen deutschen Bestandes bilden. Stand der Waschbär in den Folgejahren seiner Ansiedlung noch unter Naturschutz, nahm Hessen den Kleinbären als erstes Bundesland in das Jagdrecht auf. Heute fällt er in fast allen Bundesländern - so auch in NRW - unter das Jagdrecht.

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Waschbär (Foto: Achim Schumacher)

Waschbären sind "ökologische Generalisten". Das bedeutet, es fällt ihnen leicht, sich neue Lebensräume zu erschließen und die in ihnen vorkommenden Ressourcen zu nutzen. Da sie zudem Kulturfolger sind, entdecken sie zunehmend auch Städte mit ihren Parks und Gärten für sich. Bei der Wahl ihres Lebensraumes haben sie dennoch eine Vorliebe: Altholzbestände in der Nähe von Gewässern. Hier finden sie genügend Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten. Im Kreis Düren bietet der Hürtgenwald einen perfekten Lebensraum für den Waschbären, den dieser auch bereits für sich entdeckt hat.

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Waschbär (Foto: Jens-Uwe Heutling)

In der Dämmerung kommen die Waschbären aus ihren Tagesverstecken in Baumhöhlen, alten Fuchsbauten und menschlichen Behausungen hervor. Gut zu erkennen sind sie an der gräulichen Fellfärbung, dem geringelten Schwanz, der schwarzen Gesichtsmaske sowie der buckeligen Körperhaltung beim Laufen. Der Waschbär macht sich auf die Suche nach Nahrung. Was seinen Speiseplan angeht ist der zur Familie der Kleinbären zählende Waschbär nicht wählerisch. Er jagt gerne an Gewässern und erbeutet dort kleine Fische, Krebse und Frösche. An Land können auch schon mal Vögel, Echsen, Salamander und Mäuse zu seiner Nahrung zählen. Verschmäht wird aber auch pflanzliche Nahrung nicht, so frisst er beispielsweise auch Obst und Nüsse.

 

Der Speiseplan des Waschbären hat leider Einfluss auf die heimische Tierwelt. So haben es z.B. Amphibien auch ohne den Waschbären nicht leicht. Überall lauern Gefahren. Als Frosch oder Kröte wird man wahlweise vom Storch gefressen, vom Mäher zerstückelt oder von Autoreifen zerquetscht. Gleichzeitig bleibt immer weniger Raum zum Leben, Wiesen werden trockengelegt, Teiche zugeschüttet. Eine unerwartete Rolle spielt zudem der winzige, erst 1998 entdeckte Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis), der die Amphibienhaut angreift und zur Ausrottung ganzer Populationen führt. Der Waschbär als hungriger Fressfeind verschärft die Situation nun zusätzlich.


Der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus)

Das natürliche Verbreitungsgebiet des Signalkrebses sind die nordwestlichen Bundesstaaten der USA sowie die südwestlichen Staaten Kanadas, westlich der Rocky Mountains. Im Jahr 1960 wurden die ersten Signalkrebse nach Schweden eingeführt, um die Art als Ersatz für den Edelkrebs nutzen zu können. Durch schwedische Nachzuchten sowie durch direkt importierte Krebse wurden zahlreiche weitere Gewässer in Nord- und Mitteleuropa besetzt. Der Signalkrebs lebt bevorzugt in kühlen Fließgewässern mit nicht zu weichem Wasser.

Die starke Ausbreitungstendenz des Signalkrebses bereitet Anlass zur Sorge. Zahlreiche Meldungen des Signalkrebses zeigen wie weit die Art in NRW schon verbreitet ist. Anlässlich einer Exkursion entlang der Rur bei Birkesdorf haben NABU-Aktive dort bereits Individuen gefunden.

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Signalkrebs (Foto: Bernhard Schubert)

Bedroht sind durch den Signalkrebs und weitere nicht heimische Krebsarten wie z.B. den Amerikanischen Sumpfkrebs und den Kamberkrebs die beiden in Nordrhein-Westfalen heimischen Flusskrebsarten: Steinkrebs und Edelkrebs. Beide sind vom Aussterben bedroht. Zwar genießen sie einen hohen Schutzstatus und eine ganzjährige Schonzeit, aber dies reicht zur langfristigen Erhaltung der Arten nicht aus. Die gravierendsten Bedrohungen stellt die von den invasiven, amerikanischen Flusskrebsarten ausgehende Übertragung der Krebspest dar. Signalkrebs und die meisten anderen eingewanderten Krebsarten sind gegen die Krebspest weitgehend immun, aber für unsere heimischen Edel- und Steinkrebse ist diese tödlich.

 

Aufgrund der schwierigen Unterscheidung des Signalkrebses zum Edelkrebs wird diese Art in Unkenntnis der Folgen immer noch in neue Gewässer ausgesetzt. Da er schneller wächst, sich stärker vermehrt und wesentlich aggressiver ist, ist er dem Edelkrebs biologisch überlegen und verdrängt ihn auch ohne Übertragung der Krebspest.


Die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans)

Die Gelbwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta troosti)

Die beiden Schmuckschildkröten leben eigentlich in Amerika. Als kleine Babyschildkröten konnte man sie bis vor einigen Jahren legal im Zoohandel kaufen.  Was manche Käufer am Anfang nicht bedacht haben: Die Tiere werden schnell größer und brauchen dann ausreichend Platz. Das hohe Lebensalter der Tiere von bis zu 40 Jahren hat bei der Kaufentscheidung womöglich auch nicht immer den ihm zustehenden Stellenwert gefunden. Deshalb kam und kommt es deutschlandweit immer wieder zu illegalen Aussetzungen. Mittlerweise leben die Rot- und Gelbwangen-Schmuckschildkröte als Neozoon auch in Gewässern im Kreis Düren. Aus der Beobachtungshütte des NABU Düren im Merkener Busch konnten die Tiere in den ehemaligen Schönungsteichen ebenfalls bereits beobachtet werden.

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Rotwangen-Schmuckschildkröte (Foto: Helge May)

Bislang wurde die Ausbreitung der Rotwangen-Schmuckschildkröte bei uns durch die zu kühle Witterung gebremst. Durch die Klimaerwärmung könnte sich das jedoch in den nächsten Jahren ändern. Mit steigenden Temperaturen steigen die Chancen für eine Vermehrung der Schildkröten, was schwere Folgen für ohnehin gefährdete einheimische Arten hätte. Betroffen wären - wie auch beim Waschbären - die Amphibien. Der Laich heimischer Amphibienarten steht ganz weit oben auf ihrer Speisekarte.

Auch die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) - die einzige in Deutschland wild vorkommende Schildkrötenart - ist betroffen. Diese war früher eine charakteristische Art der Auengebiete am Oberrhein. Während ältere Dokumente davon ausgingen, dass die Sumpfschildkröte bereits im 17./18. Jahrhundert ausgestorben ist, weisen neuere Befunde darauf hin, dass sie mindestens bis ins letzte Jahrhundert bei uns vorkam. Aussterbeursache dürfte in erster Linie der massenhafte Fang der Sumpfschildkröte im Mittelalter gewesen sein. Dazu kam die Zerstörung ihrer Lebensräume durch Flussbegradigung, Grundwasserabsenkung, Vernichtung von Gewässern und Zerstörung der Eiablageplätze im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung. Deswegen ist ihr Vorkommen inzwischen so gut wie erloschen.

 

Es gab Projekte zur Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte, allerdings hat diese es trotz der intensiven Bemühungen der Naturschützer nicht leicht, ihren Platz in der Natur zurückzuerobern. Denn sie konkurriert mit der exotischen Schmuckschildkröten um denselben Lebensraum und dasselbe Nahrungsspektrum. In dieser Konkurrenz zieht die Europäische Sumpfschildkröte in der Regel den Kürzeren und wird verdrängt. Auch der Klimawandel begünstigt die dauerhafte Etablierung der wärmeliebenden Schmuckschildkröte. Hinzu kommt, dass die Schmuckschildkröten Krankheiten auf die heimischen Schildkröten übertragen können.


Mufflon (Ovis orientalis)

Seinen Ursprung hat das Mufflon – auch Europäisches Wildschaf genannt – auf den Mittelmeerinseln Sardinien, Korsika und Zypern, die sich allesamt durch felsiges Gebirge und trockenes Klima auszeichnen. Inzwischen sind die dortigen Vorkommen jedoch stark geschrumpft. Schon im 19. Jahrhundert war das Mufflon gefährdet und wurde aus jagdlichen Gründen in verschiedenen Gebieten ausgesetzt und angesiedelt. So auch um 1900 in Deutschland. Mufflons besiedeln meist dichte Waldgebiete in einer Höhenlage von ca. 500 Metern wie beispielsweise den Nationalpark Eifel, aber auch den Hürtgenwald.

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Mufflons (Foto: Hubert Schwarzentraub)

Das auffälligste Merkmal der Mufflons sind die kreisförmigen Hörner der Widder. Zudem sind Riech-, Hör- und Sehsinn hervorragend ausgebildet. Sie wittern Menschen aus mehreren hundert Metern Entfernung, hören selbst unauffällige Geräusche aus weiter Distanz. Das Mufflon hat - je nach Geschlecht - eine Körperhöhe von 65 bis 90 cm, das Körpergewicht variiert dementsprechend von 35 bis 50 kg. Das auffallendste Merkmal von Widdern (männlichen Mufflons) sind ihre kreisförmigen, kräftigen Hörner. Diese Hörner wachsen ein Leben lang. Weibliche Mufflons verfügen hingegen nur über kurze schmale Hörner oder sind hornlos. Ihr Fell ist braun und das Fell der Widder weist einen weißen Bereich auf dem Rücken auf, den sogenannten "Sattel". Nicht eindeutig geklärt ist, ob das Mufflon als Wildschaf Vorfahr des Hausschafs oder ein verwilderter Nachkomme sehr ursprünglicher Hausschafe ist. Als reine Pflanzenfresser ernähren sich Mufflons von Gräsern, Kräutern, Laub, Eicheln, Rinde, Sträuchern und Knospen.

Mufflons sind optimal an ein Leben auf felsigen Inseln angepasst. Infolge der hier vorherrschenden weichen Böden können sie Hufleiden entwickeln. Ihre Hufe wachsen oft extrem lang und bereiten erhebliche Schmerzen. Zudem verstärken sie den Druck auf den natürlichen Aufwuchs im Wald und schädigen darüber hinaus seltene Biotope wie Felsköpfe.


Hintergrundinformationen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und links zum jeweils aktuellen Stand der Listen invasiver Pflanzen- und Tierarten gibt es unter Neobiota: Neobiota - Gebietsfremde und invasive Arten (bfn.de).

Auch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen stellt auf seiner Webseite Informationen bereit: Neobiota in NRW - Start