Hof mit Zukunft - ein Erlebnisbericht

4 Tage Zeit für einen Austausch mit Landwirtinnen und Landwirten

von Tanja Malchow


wir haben es satt Hof mit Zukunft Demeter Agrar Landwirtschaft Naturschutz Heilsberger Hof Niederstadtfeld NABU Düren
Foto: www.wir-haben-es-satt.de

Anfang Mai 2024 bekam der NABU Düren eine Mail des Bündnisses "Wir haben es satt!". Alle, die sich im Umweltschutz für Klimagerechtigkeit, gutes Essen, Tier- und Umweltschutz und eine lebenswerte Welt engagieren, wurden eingeladen, sich die Hände dreckig zu machen, Einblicke in die praktische Landwirtschaft zu bekommen, Bäuerinnen und Bauern kennenzulernen und gemeinsam Forderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu entwickeln. Große und kleine Höfe in ganz Deutschland waren bereit für und neugierig auf den Austausch mit Aktivist*innen im Rahmen der Aktion "Hof mit Zukunft".

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Foto: Tanja Malchow

Ich war das sofort ebenfalls! Was für eine tolle Gelegenheit! Ich beteilige mich schon seit einigen Jahren im Netzwerk Agrarnaturschutz des NABU sowie bei Fairpachten und war sofort begeistert von der Möglichkeit mein theoretisches Wissen durch praktische Arbeit aufbessern und mit Landwirt*innen in den Dialog gehen zu können. Ich habe mich für eine Teilnahme beworben und bekam wenige Tage später die Zusage, dass ich im Juni gemeinsam mit drei weiteren Aktivist*innen vier Tage auf dem Heilsberger Hof in Niederstadtfeld (Eifel) verbringen darf.

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Happy? (Foto: Timon Turban)

 

Am 12. Juni habe ich mich auf mein Fahrrad gesetzt und mich auf den Weg zum Heilsberger Hof gemacht. Knapp 130 km waren zurückzulegen, so dass ich eine Zwischenübernachtung auf dem Campingplatz am Kronenburger See eingelegt habe. Was für ein schöner Start!

 

Am 13. Juni kam ich dann voller Vorfreude auf dem Hof an und wurde von Hannah und Thomas Braß und ihren drei Kindern herzlich begrüßt. Obwohl uns Aktivist*innen eine Wohnung auf dem Hof zur Verfügung stand, habe ich mich über die Gelegenheit gefreut, endlich einmal wieder in meinem Zelt zu übernachten. Weil die anderen drei Aktivist*innen erst etwa später eintreffen würden, habe ich also erstmal die Gelegenheit ergriffen, das Zelt aufzubauen, wobei mir der Hofhund namens Happy Gesellschaft geleistet und sofort ein großes Loch unter dem Zeltboden gebuddelt hat. 

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Foto: Tanja Malchow

Der Aufenthalt auf dem Hof gestaltete sich sehr ungezwungen. Hannah und Thomas haben beide nicht  nur klassische Ausbildungen in Landwirtschaft, sondern auch jeweils ein Studium in Agrarwissenschaften abgeschlossen hatten. Thomas ist außerdem ausgebildeter Forstwirt. Beide haben viele Jahre auf verschiedenen Höfen gearbeitet, bis sie 2020 den Heilsberger Hof übernommen haben. Dort bewirtschaften sie 80 ha Ackerfläche und Grünland und halten nicht nur Rinder ... auch Schweine, Pferde, Hühner, Schafe, Gänse und Hasen bevölkern den Hof.

Fotos: Tanja Malchow und Timon Turban

Mit der Übernahme des Hofes haben Hannah und Thomas auf biologisch-dynamische Landwirtschaft umgestellt und sind seit 2022 Demeter-zertifiziert. Die Schafe und die Rinder werden auf der Weide gehalten und die Milch der Mutterkühe steht den Kälbern zur Verfügung. Die Schweine dürfen wegen der Afrikanischen Schweinepest zwar nicht auf die Weide, haben aber angrenzend an ihren Stall auch Zugang zu frischer Luft. Die Hühner sind gefühlt überall anzutreffen und der Hund Happy ist eh immer dabei.

Am Freitagmorgen fuhren wir auf eine von Hecken und Bäumen umgebene Weide. Unsere Aufgabe sollte es sein, diese abzuzäunen, damit die Rinder, die zur Zeit auf einer anderen, abgegrasten Weide ca. 600 Meter entfernt waren, dorthin umziehen konnten. Anschließend hieß es, die ca. 600 Meter Wegstrecke vom aktuellen Standort der Rinder zur frischen Weide ebenfalls mit provisorischen Zäunen abzusichern, damit Mutterkühe, Kälber und Bulle unterwegs den richtigen Weg finden. Puh ... ganz schön viel Arbeit! Es war ein tolles Erlebnis, die Herde auf ihrem Weg zur neuen Weide zu begleiten und wir Aktivisten waren froh und stolz, dass alles gut geklappt hat. Die Arbeit war damit aber noch nicht beendet, denn die entlang des Weges gesteckten Zäune mussten nun auch wieder abgebaut und aufgewickelt werden.

Am Nachmittag bekamen dann die Schafe eine neue Weide. Das war nicht ganz so aufwändig, denn es wurde eine Fläche abgezäunt, die unmittelbar an die bestehende angrenzte. Trotzdem war der Kontakt mit den Tieren für uns ein tolles Erlebnis!

Fotos: Timon Turban

Zurück auf dem Hof haben wir dann noch schnell einen Strohspielplatz aufgebaut. Hannah und Thomas vermieten Ferienwohnungen und kleine Feriengäste freuen sich über die Gelegenheit, sich richtig auszutoben. Es wurden Schaukeln aufgehängt, eine Rutschbahn befestigt und Sicherungsmatten ausgelegt. Wir waren erstaunt, wie vielfältig die Aufgaben eines Landwirtes oder einer Landwirtin sind.

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Foto: Tanja Malchow

Am nächsten Tag fragte Thomas uns, ob es uns recht sei, beim Holz machen mitzuhelfen. Das war es. Hannah und Thomas hatten uns so nett aufgenommen und jede unserer Fragen zu Leben und Arbeit auf einem Bauernhof wurde geduldig beantwortet - da wollten wir auch gerne etwas zurückgeben. Nach einigen Stunden allerdings habe nicht nur ich, sondern auch der eine oder die andere meiner Mitstreiter*innen häufiger mal fadenscheinige Gründe für eine kleine Pause gesucht, um wieder zu Atem zu kommen und die Muskeln zu lockern.  Am Abend waren wir alle ziemlich kaputt, Landwirt Thomas war aber immer noch irgendwo am Werkeln.

Als wir nach dem Abendessen wieder in die am Vorabend sehr spät beendete Diskussion rund um Bauernproteste, Tierhaltung, Welt-Agrarhandel, Botanik, Anbaumethoden, wirtschaftliche Herausforderungen, das Verhältnis zwischen Umweltgruppen und der Landwirtschaft und vieles mehr einstiegen, kam plötzlich ein Anruf. Die Schafe in der Nachbargemeinde sind ausgebrochen und stehen bei den Anwohnern im Garten! Also flugs zum Auto, Anhänger dran, Futter und einiges Gerät auf die Ladefläche und los. Nach ca. 1,5 Stunden kamen wir mit den Schafen auf dem Anhänger zurück auf den Hof und konnten diese in das Gehege entlassen, welches Hannah in der Zwischenzeit schon aufgebaut hatte.

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Foto: Tanja Malchow

Anschließend haben wir uns in der Küche weiter ausgetauscht und auf Anregung von "Wir haben es satt!" hin auch einen gemeinsamen Lösungsvorschlag für ein Problemfeld erarbeitet, dass uns allen wichtig ist. Wir haben übereinstimmend festgestellt, dass wir den hohen Fleischkonsum als problematisch ansehen, denn er hat negative Auswirkungen auf Boden, Wasser, Klima, Welternährung und Biodiversität. Wir wünschen uns ein Umdenken und einen deutlich reduzierten Fleischkonsum in Deutschland. Dafür haben wir mögliche erste Schritte erarbeitet, die verschiedene Gruppen der Gesellschaft umsetzen müssten, um dieses Ziel zu erreichen.

Das war ein intensives Wochenende, an dem meine Mitstreiter*innen und ich viele neue Eindrücke bekommen haben. Danke an Hannah und Thomas Braß und das Team von "Hof mit Zukunft", die das ermöglicht und das Wochenende perfekt organisiert haben!